Bar Einschamkeit

„Handys bleiben aus“, sagt der Pförtner.
Ich bleibe stehen, fast gelähmt. Seine Augen treffen meine, direkt, unverschämt menschlich. Eine Berührung ohne Finger, aber gefährlich nah.
Ist das schon eine Grenzverletzung?
Hinter mir murmelt jemand: „Lauf weiter.“

Ich trete ein. Die Luft ist weich und schwer zugleich. Stimmen, gedämpft, wie aus einer anderen Zeit. Keine Displays, keine Filter. Ich sehe Gesichter, echte, unsichere Gesichter.
Ich setze mich. Soll ich irritiert sein? Oder erleichtert?
Mein Körper weiß es nicht.

Wo kann ich einen Kommentar hinterlassen? frage ich mich, und merke, dass der Gedanke selbst komisch klingt. Ich lache kurz, und dann kommen die Tränen. Leise, unauffällig, wie Regen auf einem warmen Stein. Es tut gut. Zumindest echt.

Am Nebentisch nimmt jemand ein Selfie – ein altes Reflex, die Bewegung wie ein Muskelzucken. Ich lächle automatisch. So kenne ich die Welt wieder: Ich, ich, ich – und die Einschamkeit, schön geschminkt, mit leicht gesenktem Blick.

Ich greife nach meinem Handy. Nur kurz. Ich scrolle.
Nichts passiert. Kein Netz. Nur ich.

Und plötzlich spüre ich, dass sie neben mir sitzt.
Die Einschamkeit.
Sie legt keine Hand auf mich, sie schaut mich nur an. Und zum ersten Mal seit Langem habe ich das Gefühl, dass jemand mich wirklich sieht.